Blindflansch nach EN1591 oder EN13480-3

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r2user
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Blindflansch nach EN1591 oder EN13480-3

Beitrag von r2user »

Hallo

Ich habe einen Blindflansch DN 100 nach EN1591 ausgelegt und eine Schraubenkraft bzw Anzugsmoment bestimmt.
Die Auslastung im Flansch war 30% (nach Formel (145)-(146): PhiF = FB * hG / WF).

Anschließend habe ich den Blindflansch als ebenen Boden mit Randmoment nach EN13480-3 Kapitel 7 berechnet.
Die Auslastung nach Formel (7.2.4-2) war 100%.
Zuerst hatte ich den Verdacht, es wäre die Spannung in Plattenmitte, die in EN1591 nicht extra berechnet wird.
Beim genaueren Untersuchen ist mir aber aufgefallen, dass die Überlastung bereits aus dem Lastfall Montage, d.h. ohne Druck auftritt.

Wie kann das sein?

M.f.G.
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rohr2support
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Registriert: Mi 14. Sep 2011, 08:23

Re: Blindflansch nach EN1591 oder EN13480-3

Beitrag von rohr2support »

Hallo

Vielen Dank für die Frage (und die Daten die Sie uns zur Verfügung gestellt haben).

Wir sind den Auslastungsunterschieden mal nachgegangen.

Nun ergibt sich gemäß EN 1591, Formel (145)-(146):
PhiF = FB * hG / WF
Maximale Schraubenkraft FB = FB0,specified * Streuung = ca 100 kN
Hebelarm hG = 0.5 (d3e - dGe) = (d3 *(1-1/n^2 - dGe) = 16.25 mm
WF = pi/4 * fF * ( 2 bf * ef^2 + d0 * e0^2)
Hierbei ist
bF = die effektive Breite des Flanschblattes = 36.88 mm
eF = die effektive Dicke des Flanschblattes = 15.34 mm
e0 = Nettodicke des Bodens innerhalb des Flanschringes = 16.7 mm.
WF = pi/4 * 232.67 * ( 2 * 36.88 * 15.34^2 + 49.0 * 16.7^2) = 5668.97 Nm
PhiF = 100*16.25 / 5668.97 = 0.29 = 29 %

Ergebnisse gemäß EN 1380-3, Formel (7.2.4-2):
Hier ermittelt PROBAD eine erforderliche Dicke:
eA = (3(Dt-Dp) * FA / (pi * Dp * fA) ^0.5
eA = (3 * (100-55) * 100000 / 3.14 * 55 * 232.67) ^0.5 = 18.3 mm
Hier ergibt sich durch Umstellung
fvorh = 0.5 * (Dt - Dp) * FA / (pi/6 * Dp * eA^2)
also Auslastung:
fvorh / fA = 0.5 * (Dt - Dp) * FA / (pi/6 * fA * Dp * eA^2)
fvorh / fA = 0.5 * (100 - 55) * 100000 / (pi/6 * 232.67 * 55 * 16.7^2) = 1.009 = 120 %
  1. Der Zähler in EN 1380-3 ist deutlich größer als in EN 1591, da 0.5 * (Dt - Dp) = 22.5 mm, aber hg = 16.25 mm
    Hier schlägt jetzt der Unterschied zwischen dem echten Lochkreisdurchmesser Dt und dem deutlich keineren effektiven Lochkreisdurchmesser d3e durch. Da der Flansch nur 4 Schrauben hat, und der effektive Lochkreisdurchmesser den "mittleren Durchmesser" des N-Ecks berechnet.
    Bei 4 Schrauben ist dieser so klein, dass er die Schrauben nicht einmal mehr berührt!!!
    Die EN13480 rechnet den Hebelarm zwischen echtem Lochkreisdurchmesser und mittlerem Dichtungsdurchmesser aus.
    Die EN1591 rechnet mit dem effektiven Lochkreisdurchmesser gegen den effektiven Dichtungsdurchmesser. Letztere liegen viel dichter zusammen.
    Hier mal eine Grafik dazu:
    Flansch_d3e.PNG
  2. Der Nenner ist aber kleiner als in EN 1591, da hier pi/6 aber in EN 1591 pi/4. Dies ist wohl der Unterschied zwischen dem plastischen Widerstandmoment des Flansches gegen Krempeln (die EN1591-1 verwendet das Traglastverfahren), und dem elastischen Widerstandsmoment des Flansche am Dichtungsdurchmesser gegen Biegung.
  3. in EN13480 wird nur bis mittlerer Dichtungsdurchmesser Dp und Nettodicke eaF = 16.7 mm gerechnet.
    Dagegen wird In EN 1591 das Widerstandsmoment bis zum Innendurchmesser des Flanschblattes mit Dicke e0 ermittelt, im Flanschring über Breite bF mit effektiver Blattdicke eF.
Jeder dieser 3 Punkte trägt also erheblich dazu bei, dass die Auslastung in EN 13480 mehr als 3 mal so hoch ist wie in EN 1591.

Der Grund liegt in einer vollkommen unterschiedlichen Betrachtungsweise:
EN13480-3: Nachweis des Blinddeckels gegen Biegung an der Stelle der Dichtung
EN1591-1: Nachweis des gesamten Flansches gegen Verkrempeln
Bei diesen kleinen Durchmessern sind die Abweichungen besonders groß.

MfG

PROBAD Support
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